McLaren 720S

guido

Die Briten haben´s schon wieder getan! McLaren hat seinen nächsten Hammer ausgepackt! Wer meint, die eh schon sauschnellen 570er und der 600LT aus der Sports-Serie wären beeindruckend, den belehrt der 720s aus der Superserie eines besseren, wobei er, so unglaublich es klingt, voll und ganz alltagstauglich ist, im Grunde ein Sportler für jeden Tag, mit Platz im Cockpit selbst für groß gewachsene und nicht so zierliche Piloten wie mich.

Seine 720 PS entfesseln einen regelrechten Orkan. 2,9 Sekunden auf 100 sind bereits furchteinflößend, aber 7,8 auf 200 demonstrieren seine Kraft erst richtig. Doch damit nicht genug. Die 300 km/h fallen nach einer 21,4 Sekunden währenden Beschleunigungsorgie! Erst bei 341 Sachen ist Feierabend.



Als Topmodell hat er einiges mehr auf dem Kasten als die schon extrem feinen 570er. Wie in jedem McLaren-Modell, kann auch hier der Fahrer seine individuelle Perfomance einstellen. Fahrwerk, Ansprechverhalten Motor, Lenkung und Sound obliegen seinen Vorgaben. Ich bin zu Beginn erst einmal im Sportmodus gefahren, der ist für den Alltag perfekt. Der Trackmodus hingegen läßt wahrlich die Sau raus. Die erste Änderung findet hinter dem Lenkrad statt. Schaut man bisher auf ein verhältnismäßig normales Monitordisplay mit allen relevanten Informationen wie Geschwindigkeit, Drehzahl, Kilometer, Reichweite, Tank und Reifenluftdruck- und Temperaturen, so wendet sich das Blatt im sprichwörtlichen Sinne. Der Monitor fährt ein Stück aus seiner Halterung, kippt um 90 Grad nach unten, fährt wieder ein und gibt den Blick frei auf ein ganz schmales Display mit den nötigsten Informationen. Ganganzeige, Drehzahl, Verkehrsschilderkennung und Tempo. Das ist alles. Mehr braucht man auch auf der Rennstrecke nicht, mal abgesehen von den Verkehrsschildhinweisen.

Das adaptive Fahrwerk packt noch einen Härtegrad drauf, die Lenkung reagiert auf Millimeterbefehle und der Sound, ja der Sound, auch der darf wieder demonstrieren, wozu er fähig ist.

Autobahn A1: Kaum taucht das erste „Tempolimit-Ende“-Schild auf, kommt der Befehl von Großhirn an Gasfuß: „FEUER FREI!“. Ich schaue kurz vor mich, blicke wieder auf den Tacho, wo kommen denn die 230 so plötzlich her, nochmal ungläubig vergewissert, 280. In Sekundenbruchteilen, so kommt es mir vor. Die Tempoanzeige marschiert in Zwanziger-Schritten nach oben. Holy Shit!

Alter Schwede, sorry, Brite, das nenn ich Vortrieb. Das sprichwörtliche Gummiband käme hier gut zum Zuge, oder der Vergleich mit einem Katapult. Das ist doch nicht normal, was die Mannen da nördlich von London geschaffen haben. Kämpfte ich zu Anfang mit einer Gänsehaut, bekomme ich nun einen Krampf. Im Gesicht. Rechts und links in den Mundwinkeln. Vom Grinsen. Ich befürchte, das bleibt einige Zeit und ich komme als Joker für den nächste Batman-Film ins Gespräch.

Meine Begeisterung für den 720er nimmt keine Ende, mit welch stoischer Ruhe diese 1.196 mm flache Flunder auf der Straße liegt. Selbst die Befürchtung, das Fahrwerk würde für nachhaltende Rückenschmerzen und ein gestauchtes Steißbein sorgen erweisen sich als vollkommen unbegründet.

Weiter geht´s mit moderaten 240 Sachen, ja, moderat. Denn die kommen dir nicht so verdammt schnell vor, wenn du glücklicherweise keinen Verkehr vor dir hast.

Ich checke mal kurz den Durchschnittsverbrauch. 17,8 Liter. Junge, die haste dir auch redlich verdient. Bei Usain Bolt sagt auch keiner was, wenn er sich im Anschluss an einen 200m-Sprint 3 Liter Iso in den Hals schüttet. Wer so rennt, darf sich was genehmigen. Und dem 720S nimmt keiner einen Tropfen übel, wobei man erwähnen sollte, wer mit dem Teil normal fährt, der kommt auch mit knapp über 10 Liter aus. Er ist einfach in jeder Hinsicht ein Extrem.

Das beginnt schon beim Preis. Rund 250.000 Euro sind eine Menge Schotter, aber, zieht man zum Vergleich sein Pendant aus Zuffenhausen, den neuen 911 GT2 RS in Betracht, so ist der nochmals 35.000 Euro teurer. Auch wenn Porsche den GT2 RS als schnellsten je gebauten 911er deklariert, fahrerisch und dynamisch ist der 720S die Messlatte. Kein Supersportwagen in dieser Preis- und Leistungsklasse, kann aktuell dem 720S das Wasser reichen. Er ist das automobile Superlativ unter den Superlativen. Extrem in jeder Hinsicht, aber vor allem, was den Fahrspaß angeht. Ja, er ist ein Biest, aber mit dem richtigen Dompteur total easy zu bändigen und zu fahren.

Doch das nächste Superlativ bei McLaren kommt Anfang 2020 auf die Straße: der über 2 Millionen Euro teure, 3sitzige „Speedtail“. Mit 403 km/h der schnellste Mac aller Zeiten und mit einer Beschleunigung von 0-300 (!) km/h in 12,8 Sekunden dürfte er im Guinness-Buch auftauchen. God save the Hypercars!

Bericht/Fotos: Guido Strauss – Nico Strauss

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